Tre corone
Dante Alighieri
Dante Alighieri ist die ‚älteste‘ der tre corone. Er lebte von 1265 bis 1321 und ist v.a. für seine Divina Commedia bekannt.[1] Dieser Text ist nicht nur der bekannteste Dantes, sondern war zentraler Punkt vielfältiger literarischer, linguistischer, aber auch philosophischer Diskussionen. In der Frühen Neuzeit besaßen Dante und dessen Commedia eine bemerkenswerte Virulenz und wurden in vielfältigen Debatten angeführt und besprochen (wenngleich auch als ‚Anti‘-Modell, v.a. bei Pietro Bembo). Im 19. Jahrhundert, während des Risorgimento, wurde Dante schließlich zum ‚Nationaldichter‘ Italiens und war eine zentrale Figur der nationalen Einigung.
Auch heute gehört Dante zu den wohl bekanntesten Autoren. Seine Commedia dürfte immer noch einer der zentralen Texte nicht nur der italienischen Literaturwissenschaft sein. Emblematisch für die anhaltende Wirkmacht Dantes kann man die Rezitation der Divina Commedia durch Roberto Benigni auf der Piazza Santa Croce in Florenz im Jahr 2006 anführen. Doch auch jenseits der Commedia ist Dante ein zentraler Autor. Mit seinem De vulgari eloquentia liegt eines der ersten dezidiert linguistischen Traktate zum Italienischen vor. Auch das Convivio Dantes ist ein wichtiges Zeugnis zu (spät-)mittelalterlicher Philosophie und Dichtungstheorie. Weiterhin zu erwähnen ist die Vita Nuova Dantes, die von dessen Jugendstil und dem Dolce Stil Nuovo zeugt und durch ihren Beatrice-Kult zumeist als ‚Grundlage‘ der Commedia verstanden wird.
Francesco Petrarca
Die chronologisch zweite der tre corone ist Francesco Petrarca, der von 1304 bis 1374 lebte. Petrarca ist insbesondere für seine Rerum vulgaria fragmenta, meist als Canzoniere bezeichnet, bekannt.[2] Die dort etablierte Lyrik wurde zum Vorbild des hochgradig virulenten Petrarkismus, der über Jahrhunderte die Dichtung Italiens, aber auch Europas maßgeblich beeinflusste. Es dürfte nicht übertrieben sein, wenn man Petrarca als eine der maßgeblichsten Figuren der europäischen (Liebes-)Dichtung bezeichnet. Selbst diejenigen, die sich in ihrer literarischen Praxis gegen den Petrarkismus wandten, bezogen sich zumeist mehr oder weniger direkt auf Petrarcas Dichtung bzw. den nach ihm entstandenen Petrarkismus. Diese Form der einer ‚antiklassizistischen‘ Literatur bezeichnet man in der Regel als antipetrarkistisch.
Weiterhin ist Petrarca im Zusammenhang mit der Gattung des Sonetts zu nennen. Die weithin bekannte Sonett-Form bestehend aus zwei Quartetten und zwei Terzetten wird auf Petrarca zurückgeführt und auch petrarkistisches Sonett bezeichnet. Neben seiner herausragenden Bedeutung für die dichterische Praxis spielte Petrarca auch auf literatur- und sprachtheoretischer Ebene eine wichtige Rolle. Zu nennen ist insbesondere die Setzung Petrarcas als literarische, aber auch sprachliche Autorität durch Pietro Bembo in seinen Prose della volgar lingua im Jahre 1525. Neben dem bereits erwähnten Canzoniere ist Petrarca für weitere literarische Zeugnisse bekannt, hierunter seine Trionfi, die unvollendete Africa sowie sein umfangreiches Briefkorpus bestehend aus Familiares und Seniles.
Giovanni Boccaccio
Die ‚jüngste‘ der tre corone ist Giovanni Boccaccio, der von 1313 bis 1375 lebte.[3] Boccaccio ist v.a. für seinen Decamerone bekannt, der 100 Novellen zusammenfügt. Hierbei ist die Rahmenhandlung von besonderer Bedeutung. Sieben junge Frauen und drei junge Männer haben sich vor der Pest in die Hügel um Florenz geflüchtet. Sie verbringen ihre Zeit nun damit, sich gegenseitig Geschichten – die einzelnen Novellen – zu erzählen. Zehn Tage lang werden täglich unter Leitung eines ‚Königs‘ bzw. einer ‚Königin‘ je zehn Geschichten zu einem vorgegebenen Thema vorgetragen. Der Decamerone war maßgebend für die italienischsprachige Prosa und für die Gattung der Novelle, auch über die Grenzen Italiens hinweg.
Wie Petrarca im Bereich der Lyrik wurde auch Boccaccio von Pietro Bembo als Modellautor bzw. als Autorität auf dem Gebiet der Prosa angeführt. Neben seinem Decamerone ist Boccaccio auch für weitere Dichtung bekannt, darunter Caccia di Diana, der Ameto, L’amorosa visione oder der Corbaccio. Darüber hinaus war Boccaccio – gemäß der Überlieferung im Gegensatz zu Francesco Petrarca – ein großer Verehrer Dantes und dessen Commedia. Er verfasste nicht nur eine enkomiastische, ‚biographisch‘ anmutende Schrift über Dantes Leben, den Trattatello in laude di Dante. Er ist darüber hinaus auch für seine Auslegung der Commedia bekannt. Diese Auslegung trug Boccaccio öffentlich in Florenz in einer Art Lectura Dantis vor und ist uns heute als Esposizioni sopra la Commedia überliefert.
Literaturnachweise
- Vgl. zu Dante u.a. SANTAGATA, Marco 2012: Dante. Il romanzo di una vita, Mailand sowie STIERLE, Karlheinz 2014: Dante Alighieri: Dichter im Exil, Dichter der Welt, München.[↩]
- Vgl. zu Petrarca u.a. DOTTI, Ugo 1987: Vita di Petrarca, Rom sowie STIERLE, Karlheinz 2003: Francesco Petrarca: ein Intellektueller im Europa des 14. Jahrhunderts, München.[↩]
- Vgl. zu Boccaccio u.a. BRANCA, Vittore 1997: Giovanni Boccaccio. Profilo biografico, Nuova ed., riv. e aggiornata al 1997, Florenz sowie SANTAGATA, Marco 2019: Boccaccio: fragilità di un genio, Mailand.[↩]